Januar 2014

31. Januar 2014

Liebe Lesende,
auch wenn ich vorhatte, im Januar noch schnell alle die 2013 angefangenen Bücher zu Ende zu lesen, geschafft habe ich keines davon (eins beinahe gestern noch, aber nun muß es auf die nächste Runde warten). Statt dessen hab ich jeweils in Windeseile vier total andere verschlungen, davon zwei, die ich früher schon mal gelesen hatte, und zwei mir neue.

0541_88x150Anne McCaffrey: The Crystal Singer. 1974-75, 1982 / Killashandra. 1985
Die Autorin ist unlängst hochbetagt gestorben auf ihrem Landsitz in Irland, wohin sie aus den USA zog, sobald ihr Einkommen das erlaubte (Irland hat auch eine für Künstler großzügige Steuerpolitik). Bekannt geworden in der Science-Fiction-Szene ist sie vor allem durch ihre Drachenreitersaga, aber sie hat auch zahlreiche andere Miniserien geschrieben, oft mit anderen zusammen. Ihr Erzählstil ist ungefähr so kompliziert wie ein Volksmärchen (besonders liebte sie offenbar das Aschenputtelmotiv), aber das hat sie eigentlich immer schön gemacht, die Bücher kann man so runterlesen und bereut es nicht. Was mir vor allem an ihren Werken gefällt, sind die starken und aktiven Frauenfiguren, die auch erfreulich selten beweisen müssen, daß ein Mädchen auch das kann, was ein Junge kann – diese Gesellschaft der Zukunft ist weitgehend egalitär. McCaffreys Liebe zur Oper (sie studierte ursprünglich Gesang und Regie, auch eine Zeitlang in Düsseldorf) und ihr Talent, für Jugendliche zu schreiben, führte zu der Kristallsängertrilogie.
An deren zweiten Band mußte ich neulich denken, als ich im Fernsehen mehrere Dokumentationen über die Südsee sah, denn das Buch spielt in einem ähnlichen Umfeld. Doch bevor ich es in die Hand nahm, habe ich schnell noch den ersten Band wiedergelesen.
Zu den Büchern: Darin erfahren wir, wie die ehrgeizige Killashandra zur Kristallsängerin wird, als sie mit ihrem ursprünglichen Traum von einer interstellaren Opernkarriere scheitert. Auf dem Planeten Ballybran werden Kristalle abgebaut, die als Energiewandler und für Kommunikationszwecke eingesetzt werden. Die Kristalle können nur mithilfe von speziellen Trennschneidern gewonnen werden, die mit gesungenen Tönen auf die Kristallschwingungen eingestellt 0642_88x150werden. Das Leben von Kristallsängern ist einerseits spektakulär, weil sie irre gut verdienen, andererseits extrem hart, solange sie im Feld sind. Im zweiten Band erhält Killashandra den Auftrag, auf einem entlegenen Planeten eine besondere Orgel zu reparieren, die mit solchen Kristallen arbeitet. Kaum eingetroffen, gerät sie schon in politische Wirren und wird auf einer einsamen Südseeinsel ausgesetzt. Doch Killashandra ist viel zu hibbelig, um dort auf Rettung zu warten; sie flüchtet und mischt sich unerkannt unter die Rebellen.
Das liest sich, wie gesagt, alles sehr flott und unterhaltsam, und auch wenn der Science-Fiction-Hintergrund mit fremden Planeten und Raumschiffen und Technoschnickschnack im Grunde nur Hintergrund bleibt, so zählen McCaffreys Romane doch zu den erfreulicheren Erscheinungen des Genres, weswegen die Autorin auch mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und in die Hall of Fame aufgenommen wurde.
Deutschsprachige Ausgaben:
Anne McCaffrey: Die Kristall-Sängerin. Übersetzt von Barbara Heidkamp. Bastei-Lübbe, 1984. / Killashandra. Übersetzt von Jürgen Langowski. Heyne, 1990.

6701_97x150Tana French: In the Woods. 2007
Dieses Debüt einer Autorin, die international aufgewachsen ist und sich jetzt in Irland niedergelassen hat, wurde mir von einer Freundin sehr ans Herz gelegt. Ich schlug es auf, und etwa fünfzig Seiten später legte ich es nur unwillig kurz aus der Hand – alles in allem habe ich für den 700 Seiten starken Roman etwa zweieinhalb Tage gebraucht. Das liegt am Erzählstil, der manchmal überraschend poetisch aufstrahlt, an der Erzählfigur, die uns an ihren Stärken und Schwächen und vor allem ihrem ungewöhnlichen Lebenslauf teilhaben läßt, und an der Handlung selbst, die wirklich unvorhersehbare Wendungen nimmt (die allesamt durch Vorschau angedeutet werden und dennoch überraschen).
Zum Buch: In einem Vorort von Dublin wird auf einer archäologischen Fundstätte ein ermordetes Mädchen entdeckt – nicht das Opfer eines rituell vor sich hinmordenden Serienkillers, so viel steht schnell fest. Aber warum wurde sie dann umgebracht? Zwei junge Kripoleute erwischen den Fall zufällig und sehen eine Chance, sich damit zu beweisen. Doch es kommt alles völlig anders als geplant und erhofft.
Irre spannend. Sehr gut geschrieben, ich würde sagen: literarisch. (Und schön übersetzt.) Hebt sich in jeder Hinsicht aus der Krimimasse heraus. Wie gut, daß ich den zweiten Band schon habe, auch wenn darin die Erzählfigur wechselt.
Deutschsprachige Ausgabe:
Tana French: Grabesgün. Übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Scherz, 2008.

Judith Schalansky: Der Hals der Giraffe. Suhrkamp, 2011.
Aufgrund der enthusiastischen Kritiken wollte ich mal reingucken, fand die Hauptfigur eher unsympathisch und wurde total schnell hineingezogen in ihr Leben.
Zum Buch: Es erzählt eine Gymnasiallehrerin (Bio und Sport) aus Vorpommern, wie ihre Schule schrumpft und voraussichtlich bald ganz geschlossen wird. Die Lehrerin übernimmt aber noch eine neue Klasse, die sie wie alle anderen davor in ihrem strengen Frontalstil unterrichtet. Sie tendiert dazu, alles vom biologischen Standpunkt aus zu sehen, und das macht ihre Sichtweise ungewöhnlich und spannend.
Mit Gefühlen hat sie es nicht so; daran scheitert sie auch am Ende, würde ich sagen, und das war es auch, was sie mir nie so recht sympathisch werden ließ. Und dennoch wollte ich das Buch nicht aus der Hand legen. (Es ist, anders als das oben besprochene, recht kurz.) Ich weiß nicht, ob ich von dieser Autorin mehr lesen will, aber ich will unbedingt rauskriegen, wie sie es geschafft hat, mich so zu fesseln (und andere, die das Buch trotzdem nicht mögen)!

Aktuell:
Immer noch ein klassischer Science-Fiction-Roman, John Carter of Mars, dazu als Nachtlektüre die nächste Christie; und das Buch, das ich gestern schon fertig haben wollte: ein Gartenbuch. (Und die anderen vierzig oder so, die ich angefangen hab.) Sowie natürlich auch meine Weihnachtsbücher, die sind aber übersichtlich in der Zahl: drei.

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