August 2013

31. August 2013

Verehrte Leserinnen und Leser,
Reiselektüre kann ja ganz unterschiedlich sein, und man muß mit ihr nicht unbedingt gleich den Lesesessel verlassen …

image0 (92x150)Karl May: Unter Geiern. 1887 und 1888 / Verlag der Union Deutsche Verlagsgesellschaft, 1890.
Wie sehr viele meiner Generation hab ich als Kind Karl May verschlungen, aber bei weitem nicht alles gelesen. In unserer Stadtbücherei hatten sie natürlich diese grüne Ausgabe (ich weiß, die Sachen sind oft gekürzt), und daher ist die auch diejenige, die quasi in meiner Erinnerung lebt. Nun hab ich seit vielen Jahren keinen May mehr gelesen; zwar hatte ich voriges Jahr im Selbstversuch mal eine heruntergeladene Version auf dem E-Reader angefangen, aber umständehalber wieder abgebrochen (wobei der Selbstversuch aber durchaus gelungen ist, aber davon irgendwann mal mehr). Unter Geiern enthält zwei längere und miteinander verbundene „Jugend“-Erzählungen und war in meiner Kindheit mein absolutes Lieblingsbuch. Noch immer deutlich vor Augen hatte ich die Beschreibung des Yellowstone-Gebiets (alles frei erfunden, aber sehr plakativ!) und die Ereignisse im Llano Estacado …
Als ich jetzt im Karl-May-Museum in Radebeul war (empfehlenswert!), hab ich also zum Andenken eben diesen Band in eben dieser Ausgabe gekauft, die natürlich inzwischen in einer höheren Auflage und in neuer Rechtschreibung vorliegt. (Letzteres wäre für mich okay, sofern sie bei der Gelegenheit auch die echten Rechtschreibfehler mal entfernt hätten.) Und was soll ich sagen? Ich hab das Buch zügigst verschlungen, ganz so wie als Kind. Klar weiß ich, was und wie Karl May geschrieben hat, aber hey – welcher Autor schafft es denn nach mehr als hundert Jahren, immer noch Lesende zu begeistern und in seinen Bann bzw. den seiner Erzählung zu ziehen? Das muß man erst mal können. Und mir ist es auch total schnuppe, ob eine Geschichte wahr oder erfunden ist. Die Hauptsache ist doch, daß sie in sich funktioniert, und das tun Mays Erzählungen (jedenfalls diese) trotz aller möglichen Ungereimtheiten und Unwahrscheinlichkeiten immer noch.
Zum Buch: Aus Rache entführen Sioux den Bärenjäger und wollen ihn im Yellowstone-Gebiet opfern. Mehrere „Westmänner“, denen sich unterwegs auch Winnetou, Old Shatterhand und einige Indianer anschließen, helfen dem Sohn des Bärenjägers bei der Befreiung. Fast dieselbe Gruppe trifft sich später im Llano Estacado, um dort der gefährlichen Räuberbande der „Geier“ das Handwerk zu legen, wobei sie von dem mysteriösen „Geist“ unterstützt werden.
Angesichts meiner Begeisterung nahm auch ein Freund noch mal einen Anlauf in Richtung May, den er in seiner Jugend nicht gelesen hat. In flottem Tempo durchmaß er nun den Schatz im Silbersee und hat sich ebenfalls gut dabei unterhalten. Wer May noch gar nicht kennt, sollte mit diesem Buch mal testen, ob die Lektüre zusagt.

Jakob Hein: Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht. Piper, 2008.
Dieses Buch lieh mir eine Freundin, nachdem sie von meinen Plänen für einen Leseroman hörte. Es geht darin nur am Rande ums Lesen und Schreiben – hauptsächlich geht es um das Lieben. Sämtliche Figuren sind ein bißchen verschroben und versponnen, selbst wenn sie noch so schlicht und unscheinbar daherkommen.
Zum Buch: Es handelt sich um einen Schachtelroman: Eine Handlung fängt an, dann erzählt eine der darin vorkommenden Figuren ihre eigene Handlung weiter, in der nach einer Weile eine der darin vorkommenden Figuren ihre Geschichte erzählt … Insgesamt waren es, glaube ich, acht, aber es wird schon ganz ordentlich zu Ende geführt, man kommt nicht durcheinander, das Buch ist keineswegs dick und geht auch gut aus. Ach ja: Die erste (und letzte) Handlung dreht sich um den Inhaber einer „Agentur für verworfene Ideen“ und seine erste Kundin, die aber eigentlich gar nichts von ihm kaufen will …

image1 (94x150)Katherine V. Forrest: Sleeping Bones. 1999.
Die Autorin gehört zu den ersten, die eine Krimiserie mit einer lesbischen Heldin geschaffen hat und damit (in den USA ab 1983) ganz erfolgreich war. Kate Delafield ist Polizistin in Los Angeles, und neben den üblichen Fällen, die sie zu bearbeiten hat, läuft mit, wie sie – vom Standpunkt einer lesbischen Frau – mit ihren KollegInnen klarkommt. Kate trägt ihre sexuelle Präferenz nicht missionierend vor sich her, sondern will ganz normal als Berufstätige leben und nach ihrer Leistung, Intelligenz etc. beurteilt werden. Doch in den 1980ern waren die Verhältnisse auch in Kalifornien noch nicht so ganz entspannt (wenn sie es überhaupt heute sind), und so ist Kate auch vorsichtig, wem sie von ihrem Privatleben erzählt und wem nicht. In den deutschen Sprachraum kam die Serie im Zuge der Frauenkrimiwelle ab den frühen 1990ern und gehört im Argument-Verlag (Ariadne) zu den Longsellern. Der jüngste Band erschien im Original 2004, in Übersetzung 2005.
Zum Buch: Ich hab nicht alle Bände gelesen. Daß ich nun jetzt ausgerechnet zu diesem griff, lag daran, daß mir der Anfang (den ich als Teaser mal irgendwo gelesen hatte) plötzlich wieder einfiel: Bei den Asphaltgruben von La Brea – jetzt mitten im Stadtgebiet gelegen – wird eine sehr moderne Leiche gefunden. Es war das Bild dieser Asphaltgruben (die überwiegend Dinoknochen enthalten), das mir aktuell nicht mehr aus dem Kopf ging. Ein bißchen enttäuscht war ich dann schon, daß es weniger um diese Gruben und um Dinos, sondern eher um einen (wahren) historischen Archäologieskandal ging, der sich im Zweiten Weltkrieg rund um chinesische Knochenfunde des Pekingmenschen drehte. Der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt, doch Forrest wagt einen Versuch, der durchaus glaubhaft wirkt. Auch wenn keine Dinos drin waren, so ist der Roman eine handwerklich sauber gemachte und spannende Lektüre.
Deutschsprachige Ausgabe:
Katherine V. Forrest: Knochenjob. Übersetzt von Britta Dutke. Argument, 2000.

image2 (92x150)Dick Francis. High Stakes. 1975. / Odds Against. 1965.
Ach, was soll ich sagen … Manchmal muß es eben wieder der weiße Ritter von Dick Francis sein! ;-) Also nur ganz kurz zum Inhalt:
Zu den Büchern: In High Stakes entdeckt ein Pferdebesitzer, daß sein Freund und Trainer ihn über längere Zeit um sehr viel Geld betrogen hat. Als er seine Pferde zu einem anderen Trainer gibt, wird der Freund rabiat. Der Held (der übrigens Erfinder ist und damit viel Geld verdient) sucht das ganze Buch über nach einem Beweis für den Verrat und lernt dabei auch eine interessante junge Frau kennen.
Odds (93x150)Odds Against ist der erste Roman mit dem Ex-Jockey Sid Halley, der auch in einigen weiteren Büchern von Francis auftaucht. Nach einem Reitunfall, der ihm die linke Hand zerschmettert hat, arbeitet Halley als Berater für eine Detektei, die sich viel mit Fällen rund ums Pferd befaßt. Anfangs eher lustlos, findet Halley einen Betrugsfall so fesselnd, daß er sich leidenschaftlich engagiert. Gehandicapt nicht nur durch die verletzte Hand, sondern auch durch einen Bauchschuß, ermittelt er sich durch das Buch, lernt unter anderem was über Mineralien und Versicherungen und gewinnt seine Lebensfreude wieder.
Deutschsprachige Ausgaben:
Dick Francis: Roßtausch. Übersetzt von Ursula Goldschmidt. Ullstein, 1966. / Neu übersetzt von Malte Krutzsch unter dem Titel: Versteck bei Diogenes, 1998. (Verwirrenderweise steht in dem Buch: Nachdruck von 1976.)
Dick Francis: Die Chancen stehen schlecht. Übersetzt von Tony Westermayr. Goldmann, 1966. / Unter dem Titel: Nervensache bei Diogenes, 1993.

Aktuell:
Ein laaaaaanges Buch, eine Handvoll Krimis und was ganz anderes!

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