September 2012

30. September 2012

Liebe LeserInnen!

Im Spätsommer war ich viel unterwegs, und auch wenn ich immer ein Buch (oder vielmehr: viele) dabei hatte, so bin ich vor lauter Erleben nur wenig zum Lesen gekommen.

 

Mary Stewart: Wildfire at Midnight. 1956.

Meine Wohlfühllektüre habe ich fortgesetzt mit dem zweiten Roman von Mary Stewart.

Zum Buch: Das Model Gianetta Brooke will sich vom Londoner Trubel auf der Hebrideninsel Skye erholen. in dem sehr einsam gelegenen Hotel jedoch trifft sie unvermutet auf ihren Ex-Mann, und zusätzlich schwelt über der Gegend die unbehagliche Atmosphäre, die ein unaufgeklärter Ritualmord hinterlassen hat. Verdächtig sind alle Männer, die im Hotel wohnen. Wem kann Gianetta trauen? Dann verschwinden zwei Lehrerinnen auf einer Bergtour.

Obwohl ich dieses Buch zuletzt vor bestimmt dreißig Jahren gelesen habe, konnte ich mich noch an viele Einzelheiten zutreffend erinnern. Fein auch hier wieder, daß die wunderbaren und stimmungsvollen Landschaftsbeschreibungen von Stewart nun im Internet nachempfunden werden können (googelt nach dem Stichwort “Camasunary” – das Hotel im Roman ist erfunden, aber inzwischen gibt an selber Stelle eine Campinghütte). Zusätzlich habe ich ein schönes Interview (25 min) mit ihr gefunden, das noch gar nicht so lange her ist – ich hoffe, die inzwischen 96jährige Mary Stewart genießt ihr Leben in Schottland noch!

Deutschsprachige Ausgabe:
Mary Stewart: Frau im Zauberfeuer. Übersetzt von Hansjürgen Wille und Barbara Klau. Bertelsmann, 1971.

 

Nancy Livingston: Fatality at Bath & Wells. 1986.

Zum Buch: Mr. Pringle ist ein pensionierter englischer Steuerbeamter, der sein Leben in Gesellschaft der temperamentvollen (und ebenfalls verwitweten) Ex-Barfrau Mavis Bignall angenehm gestaltet. Sie machen ein paar Tage Urlaub in Südwestengland, unter anderem in Bath, wo Pringle wider Willen als Privatermittler in einem Mordfall tätig werden muß. In einem Fernsehstudio wurde der junge Regisseur erstochen, der dem Studioleiter als Nachwuchshoffnung, dem Rest der Truppe jedoch als unbegabter Kotzbrocken galt. Verdächtig sind viele, die inmitten des hektischen TV-Alltags nacheinander von Pringle befragt werden.

Man erfährt sehr viel darüber, wie Mitte der 1980er Fernsehen gemacht wurde, was nicht verwunderlich ist, war die Autorin doch im Hauptberuf Produktionsassistentin. Nebenher schrieb sie acht Pringle-Krimis (der vorliegende ist Band 2) und eine fünfbändige Familiensaga.
Ansonsten habe ich mich über das Buch ziemlich geärgert, was vor allem an der schlechten deutschen Übersetzung lag. Müßte nicht irgendwer (bei Rowohlt immerhin!) zumindest aufhorchen, läse er oder sie Sätze wie diesen: “Ein Stückchen Blätterteiggebäck hatte sich unter Berties Teller geklebt. Er fuhr mit der Zunge unter den Rand, um es zu befreien.” Auch wenn es hin und wieder Slapstickszenen in diesem Roman gibt, ein solches Verhalten würde doch nicht nur in einer Kantine extrem auffallen, oder? Auch die Kurzbio der Autorin stimmt so, wie sie da steht, nicht, was an einem Übersetzungsfehler liegt. Fairerweise muß ich sagen, daß die Romanhandlung wirklich etwas chaotisch ist, weil die Fernsehmacherei im Vordergund steht, und der Roman könnte auch genausogut in jeder anderen Stadt als Bath spielen (die Jane-Austen-Zitate zu jedem Kapitelbeginn ändern nichts daran). Aber so schlecht können die Bücher nicht gewesen sein; immerhin hat der vierte Pringle-Krimi den Last-Laugh-Dagger gewonnen (weswegen er wohl konsequenterweise beim Übersetzen der Serie ausgelassen wurde).

Deutschsprachige Ausgabe:
Nancy Livingston: Ihr Auftritt, Mr. Pringle! Übersetzt von Hubert Deymann. Rowohlt, 1989.

 

Jasper Fforde: First Among Sequels. 2007.

Der Humor von Jasper Fforde ist nicht jedermanns Sache, mir jedoch gefällt er, weswegen ich die hin und wieder auftretenden Längen in seinen Büchern großzügig übersehe. In seiner Reihe um die Buchdetektivin Thursday Next ist dies der fünfte Band.

Zum Buch: In der Handlung ist es ein Sprung von 14 Jahren nach den ersten vier Bänden; Thursday lebt mit ihrer wieder vollständigen Familie immer noch in Swindon (“the Jewel on the M4″). Da die Special Operations, für die sie früher gearbeitet hat, aufgelöst wurden, hat sie mit früheren Kollegen eine Teppichbodenfirma aufgemacht – und alle sind nun heimlich freiberuflich in ihren früheren Jobs tätig. Noch heimlicher jedoch ist Thursday weiterhin in der Buchwelt unterwegs, wo sie sich jetzt unter anderem mit schwierigen Auszubildenden herumschlagen muß. Am schlimmsten findet sie aber, daß ihr Sohn nicht die Karriere einschlagen will, die ihm vorherbestimmt ist – was zum Ende der Welt führen wird.

Soweit die aktuelle Handlung, wenigstens in Grundzügen. Ich mag vor allem all die netten kleinen Situationen, die Fforde für seine Buchwelt, aber auch die “reale” Welt von Thursday Next (die eine Parallelwelt zu unserer ist) erfindet. Das ist oft sehr komisch, gelegentlich verwirrend, manchmal nur allzu real (in unserer realen Buchwelt!) und schon spannend gemacht. Für mich sind es durchaus Krimis, trotz der phantastischen oder Science-Fiction-Aspekte. Sind nicht gerade die an oder auf Grenzen angesiedelten Bücher die besten?

Deutschsprachige Ausgabe:
Jasper Fforde: Irgendwo ganz anders. Übersetzt von Joachim Stern und Sophie Kreutzfeldt. dtv, 2009.

 

Mary Stewart: This Rough Magic. 1964.

Zum Ausklang noch mal Mary Stewart, von der ich dieses lang gesuchtes Buch nun in England gefunden habe.

Zum Buch: Natürlich ist es wieder eine junge aktive Frau, die in eine undurchsichtige und gefährliche Situation gerät: Die Schauspielerin Lucy besucht ihre hochschwangere Schwester in ihrem Sommerhaus auf Korfu. Beim Schwimmen trifft sie einen Delfin – und wird selbst beinahe von Kugeln getroffen, als ein Unbekannter auf den Delfin schießt. Lucy verdächtigt gleich den unhöflichen Sohn eines geheimnisvollen berühmten Schauspielers; die beiden leben in der Nähe, und der ältere Mann erholt sich angeblich von einem Zusammenbruch. Sympathisch hingegen erscheint ihr ein weiterer Nachbar, ein englischer Fotograf, besonders als der am Boden zerstört ist, weil sein Helfer und Model, ein junger Grieche, ertrinkt. Doch kaum etwas ist auf Prosperos Zauberinsel so, wie es scheint!

Auch hier habe ich im Internet nach dem Schauplatz gefahndet und entdeckt, daß es offenbar eine Menge Leute gibt, die tatsächlich an die Orte ihrer Lieblingsbücher fahren und Fotos davon machen!

Deutsprachige Ausgabe:
Mary Stewart: Delphin über schwarzem Grund. Übersetzt von Hansjürgen Wille und Barbara Klau. Bertelsmann, 1968. (Auch unter dem Titel Die Zauberinsel bei Heyne, 1984.)

 

Aktuell:
… lese ich immer noch in allen möglichen Büchern, hab viele angefangen auf der Suche nach denen, die zu meinen momentanen Stimmungen passen, hab natürlich auch in allerlei Neuerwerbungen hineingesehen und einige alte Lieben hervorgekramt …

 

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